Thinking out loud

Maria de Jesus Cabral Maria de Jesus Cabral (University of Minho)

In your opinion, which issues are currently neglected in the Medical Humanities?
It is more and more commonly admitted that biomedical research and medical practices can no longer dispense with reflections on the evolution of individual identity, that is to say, the patient’s experience in the healthcare process. This is particularly due to the evolution of clinical medicine in the last twenty years: Chronic pathologies such as diabetes, cancer, or Alzheimer’s disease cannot be treated without taking non-biological and narrative factors into account (Fernandes & Cabral, 2021). The reflection on personalized medicine must feed on the study of a variety of individual cases as it will help identify specificities and singularities. If the diagnosis seems self-evident (Frank 1995; Greenhalgh and Hurwitz 1998; Montgomery 2008; Charon 2008), how to respond to is more contested. Going beyond the limitations of book knowledge and moving toward an active and experiential and pragmatic knowledge (as encouraged by John Dewey) is a real challenge to the Medical Humanities.


Max Cavitch Max Cavitch (University of Pennsylvania)

As someone working in the field of the Medical Humanities: What book would you take on the proverbial deserted island?
My own relation to Medical Humanities is grounded chiefly in psychology and, specifically, psychoanalysis. Much of my work as a teacher and scholar has been aimed at restoring and expanding—after several decades of displacement and distortion—the vital place of psychoanalysis in humanities-related scholarship and teaching. As a contemporary field, psychoanalysis continues to grow and change in ways that are, today, seldom reflected in the humanities. One such area of growth and transformation is the emergent field of neuropsychoanalysis, which opens up especially valuable opportunities for interdisciplinary work that bridges gaps between the humanities and the physical and medical sciences. Thus, among the (many) books I would take to the proverbial desert island are recent monographs by Jaak Panksepp and Mark Solms.


Anna Elsner-Gottlieb Anna Elsner (Universität St. Gallen & King’s College London)

Gibt es ein Buch, das Sie gerade in Ihrer Eigenschaft als Medical-Humanities Forscherin auf die ‚berühmte‘ einsame Insel nehmen würden?
Dieses Buch gibt es für mich: Josie Billingtons Is Literature Healthy? (Oxford University Press, 2016). Das Buch übt Kritik an dem interdisziplinären Feld der Medical Humanities und reflektiert über Billingtons ganz persönlichen Weg dahin. Es ist erfrischend zu lesen, dass es sie weniger interessiert, ob und wie Geisteswissenschaften in ein Medizinstudium integriert werden können – eine Frage, welche oft die Geister entzweit. Dem setzt Billington entgegen, dass sie die Medical Humanities als eine Chance, vielleicht weniger für die Medizin, als für die Literaturwissenschaft sieht. Durch das Lösen aus ihren disziplinären Grenzen wird dieses Fach gezwungen sich zu fragen, warum wir uns eigentlich mit Literatur beschäftigen. Is Literature Healthy? verteidigt den Anspruch, dass wir Nutzen aus dem Lesen von Literatur ziehen können, jedoch Nutzen, welcher sich nicht in einem instrumentellen Wert begründet (indem literarische Passagen, zum Beispiel, den Wert der Empathie für Medizinstudenten unterstreichen), sondern sich aus dem ergibt, was Billington „deep reading“ nennt.


Heiner Fangerau Heiner Fangerau (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf)

In your opinion, which issues are currently neglected in the Medical Humanities?
In my opinion, the understanding of medicine, medical ethics, and the representation of collective memories in computer games need to be addressed more frequently and in more detail in the "MH". I also think that the mutual references of medicine and computer games deserve more attention in order to better understand the resonance system of popular culture and medical theory and practice.


Arno Görgen Arno Görgen (Hochschule der Künste Bern)

Verstehen Sie die heutigen Medical Humanities als interdisziplinäres Feld oder als eigenständige Disziplin? Wie positionieren Sie sich zu den unterschiedlichen Terminologien – Medical Humanities, Critical Medical Humanities, Health Humanities – bzw. halten Sie diese ‚Etikettierungen‘ für sinnvoll und richtungsweisend?
Diese Frage ist eigentlich unmöglich zu beantworten, denn die Antwort hängt sehr davon ab, aus welcher Perspektive sie zu beantworten ist. Gemessen am Grad ihrer Institutionalisierung im deutschsprachigen Raum ist sie sicher – wie ihre ältere Schwester Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin – noch ein Querschnittsfach, welches intrinsisch Inter- und Transdisziplinarität fördert und fordert. In der Kommunikation nach außen ist dieser Querschnittscharakter ein Alleinstellungsmerkmal, das eine präzisere Einordnung bestimmter Forschungsthemen ermöglicht. Dies ist letztlich auch der Grund, warum auch neuere Klassifikationen und Fachdebatten wie Critical Medical Humanities und Health Humanities in der Binnendifferenzierung hilfreich für eine philosophische und theoretische Auseinandersetzung mit dem Kern des Erkenntnisinteresses, der Methoden, sind – es ist jedoch zu erwarten, dass für eine erfolgreiche Institutionalisierung und – ganz pragmatisch gesprochen – Etablierung in der akademischen Forschungs- und Förderlandschaft ein Markenkern „Medical Humanities“ zentral sein dürfte.


Jarmila Mildorf Jarmila Mildorf (Universität Paderborn)

Wie war Ihr persönlicher Weg zu den Medical Humanities?
Im Zusammenhang mit meinen Forschungen für die Dissertation wurde ich erstmals auf die Medical Humanities aufmerksam und darin insbesondere auf die narrative Medizin. In meinen Gesprächen mit Ärzten wurde schnell klar, dass viele Probleme, mit denen Menschen zum Arzt gehen, nur zum Teil physischer Natur sind. Psychisches Leid, Schwierigkeiten im familiären Umfeld und anderer sozialer Druck spielen oft mit hinein und führen Ärzte mitunter an die Grenzen ihrer professionellen Rolle. Hier sind Einfühlungsvermögen, Vorstellungskraft und Kommunikationsfähigkeit gefragt – Eigenschaften, die im klassischen Medizinstudium nur bedingt geschult werden können. Die Medical Humanities können gerade für solche Grauzonen der medizinischen Praxis nützlich sein und das tradierte Repertoire an Herangehens- und Denkweisen bereichern und erweitern.


Karen Nolte Karen Nolte (Universität Heidelberg)

Medical Humanities revisited … Welche Aspekte der Medical Humanities bedürfen aus Ihrer Sicht aktuell am meisten einer kritischen Reflexion und Revision?
In Deutschland ist das Konzept der Medical Humanities nicht etabliert. In den Medizinischen Fakultäten gibt es dieses Label nicht. Es gibt Institute für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, daneben gibt es Medizinische Soziologie und Medizinische Psychologie, Versorgungsforschung, Public Health…Es fällt mir schwer, diesen Bereichen ein gemeinsames Dach unter dem Label Medical Humanities zu geben, da die Methodiken schon zwischen Geschichte und Ethik der Medizin schon höchst unterschiedlich sind.

Welche Aspekte kommen nach Ihrer Sicht in den derzeitigen Medical Humanities zu kurz?
Bislang ist Pflegegeschichte, -ethik und Pflegewissenschaft nicht gut integriert in Medical Humanities.

Wie lässt sich ein ebenbürtiger Dialog zwischen Medizin und Geisteswissenschaften erzielen, in welchen die eine Disziplin nicht nur ein Hilfsmittel für die andere ist?
Der Dialog funktioniert in Deutschland gut bei den medizinhistorischen Doktorarbeiten, für die Mediziner*innen sich intensiv in geisteswissenschaftliche Methoden einarbeiten müssen. Auch funktioniert der Dialog auch mit einem gemeinsamen Blick auf die Materiale Kultur der Medizin in Form von historischen Objekten/Dingen. In Heidelberg funktioniert der Dialog auch sehr gut im Studiengang Interprofessionelle Gesundheitsversorgung.

Wo sehen Sie die Zukunft der Medical Humanities?
Es könnte sein, dass sich in den Medizinischen Fakultäten dieser Bereich etabliert, da der Querschnittsbereich Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin in der neuen Approbationsordnung und somit auch in der Ausbildung der Medizinstudierenden nicht mehr bestehen bleibt.

Wie war Ihr persönlicher Weg zu den Medical Humanities?
Ich bin ausgebildete Pflegefachperson, habe dann Geschichte studiert, in Geschichte mit einem psychiariehistorischen Thema promoviert und dann in „Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin“ habilitiert.

Gibt es ein Buch, das Sie gerade in ihrer Eigenschaft als Medical-Humanities Forscher / Forscherin auf die ‚berühmte‘ einsame Insel nehmen würden?
Lorraine Daston/Peter Gallison: Objectivity. New York: Zone Books 2010.


Lisa Pfahl Lisa Pfahl (Universität Innsbruck)

Wo sehen Sie die Zukunft der Medical Humanities?
Die Zukunft der Medical Humanities besteht für mich darin, das interdisziplinäre Forschungsfeld auch jenseits der akademischen Welt zu etablieren. Über eine Auseinandersetzung der Geistes- und Sozialwissenschaft mit der Anwendung von gesundheitswissenschaftlichen Konzepten, Klassifikationen und Therapien wird das medizinische Wissen nicht nur stetig erweitert, es wird auch ausdifferenziert und verändert. Denn wenn wir wissen, wie die Subjekte gesundheitliche Versorgung erleben und welche Erfahrungen mit Klassifikationen und Therapien gemacht werden, erhalten wir wichtige Einblicke in die konkrete Lebenssituation von Menschen und die unterschiedliche soziale Wirkung ihrer medizinischen Versorgung. Um die Bedürfnisse von marginalisierten oder benachteiligten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen besser zu berücksichtigen und soziale, rechtliche und technologische Entwicklungen hin zu einer Selbstbestimmung aller im internationalen Gesundheitswesen zu fördern, braucht es kritisch-konstruktive Auseinandersetzung und Austausch zwischen Forschung und Praxis. Die Medical Humanities stellen einen akademischen Raum dar, den es in die Gesellschaft hinein zu öffnen gilt. Zudem können sie über die Partizipation von Betroffenen und Selbstvertreter*innen in der Forschung emanzipatorisches Wissen in Medizin und Gesundheitswissenschaften transferieren.


Martin Poltrum Martin Poltrum (Sigmund-Freud-Universität Wien)

Verstehen Sie die heutigen Medical Humanities als interdisziplinäres Feld oder als eigenständige Disziplin? Wie positionieren Sie sich zu den unterschiedlichen Terminologien – Medical Humanities, Critical Medical Humanities, Health Humanities – bzw. halten Sie diese ‚Etikettierungen‘ für sinnvoll und richtungsweisend?
Die unterschiedlichen Namen halte ich für problematisch und ich habe da ein kleinwenig den Eindruck, dass es da um den Narzissmus des kleinen Unterschiedes geht und diese Ausdifferenzierung eher zur Schwächung der gesamten Bewegung führt. Ist das Gebiet schon so etabliert und populär, dass man sich diese Ausdifferenzierung erlauben sollten? Allerdings habe ich mich nie eingehend mit diesen Differenzen beschäftigt, ob sie inhaltlich wirklich gerechtfertigt sind und Substanz haben.

Wie war Ihr persönlicher Weg zu den Medical Humanities?
Ich bin Krankenpfleger, Psychotherapeut und Lehrtherapeut und habe 15 Jahre in einer Suchtklinik gearbeitet. Als promovierter Philosoph lag die geisteswissenschaftliche Reflexion der Medizin nahe.


Heinz-Peter Schmiedebach Heinz-Peter Schmiedebach (Charité Berlin)

Would you deem today’s Medical Humanities as an interdisciplinary field or as an independent discipline? What is your stance on ‘labeling’ terms such as ‘Medical Humanities,’ ‘Critical Humanities,’ or ‘Health Humanities,’ do you find them useful or counterproductive?
Medical Humanities are not a discipline in their own right but include an interdisciplinary field of humanities, social science, ethics, and the arts. They allow a view of health and illness as culturally shaped phenomena. They also see medicine as a system that is determined by the political, social, and cultural conditions of a time. Their diversity is both a strength and a weakness. Thus, on the one hand, they have the potential to change society's approach to illness and health, but on the other hand, there is the danger of becoming merely an appendage of the medical system. That is why the terms Critical Medical Humanities are used in an attempt to take seriously the challenges of critical and cultural theory and community-based arts-in-health. They intend a closer engagement with critical theory, queer and disability studies, and activist politics. Critical Medical Humanities would enhance the intellectual as well as the "real-world" impact of the field's interrogations of medicine, health, and illness. Although this is also inherent in the Medical Humanities, the expansion to Critical Medical Humanities has helped to sharpen the focus.


Anne Siegetsleitner Anne Siegetsleitner (Universität Innsbruck)

Wo sehen Sie die Zukunft der Medical Humanities?
Ich sehe die Zukunft der Medical Humanities als ein interdisziplinäres Forschungsfeld, das sich mit der Medizin auf der Grundlage beschäftigt, dass sich dort Menschen begegnen, seien es die dort beruflich Tätigen, die Patient*innen oder diesen Nahestehende.

Die Medical Humanities lassen durch ihre interdisziplinäre Ausrichtung auf vielfältige Weise und mit vielfältigen Zugängen nicht vergessen, dass Patient*innen Menschen sind, die für ihr Leiden Heilung oder Linderung suchen, sei es bei einer Hautabschürfung oder einem gebrochenen Lebenswillen. Ebenso sehen die Medical Humanities das medizinische Personal als Menschen, die in der Medizin tätig sind. Sie verstehen darüber hinaus den medizinischen Bereich insgesamt als eine sozial bestimmte Praxis, auf die nicht zuletzt bereits beim Verständnis von Krankheit und Gesundheit persönliche und gesellschaftliche Werte einwirken.

Die Medical Humanities zeigen u.a. die historische Dimension dieses Zusammenspiels auf und bieten einen Wissens- und Reflexionsraum für dieses soziale, interpersonelle, ethische und existenzielle Geschehen. Sie sind damit für die medizinische Ausbildung von großer Bedeutung, doch weit darüber hinaus.


Heiko Stoff Heiko Stoff (Medizinische Hochchule Hannover)

Wie war Ihr persönlicher Weg zu den Medical Humanities?
Da ich von jeher inter- und transdisziplinär arbeite, fiel es mir stets schwer, mich nur einer Subdisziplin der Geschichtswissenschaft zuzuordnen: So war und bin ich Zeithistoriker, Kulturhistoriker, Wissenschaftshistoriker, Wissenshistoriker, Pharmaziehistoriker oder Medizinhistoriker, je nachdem auch, an welchem Institut ich beschäftigt war und bin. Ich habe mich aber seit dem Studium immer mit Themen auseinandergesetzt, die der Medizin zugeordnet werden, so dass Geschichte und Medizin als Konstanten meiner Forschungsarbeiten bezeichnet werden können. Bei der Medizingeschichte handelt es sich um eine etablierte und institutionalisierte Disziplin, die methodisch und inhaltlich auf die Genealogie von Wissensbeständen und Techniken ausgerichtet ist. In meinem Verständnis muss die Medizin aber als ein Gefüge gesellschaftlicher, ethischer, rechtlicher, kultureller und materieller Praktiken und Diskurse verstanden werden. Meine geschichtswissenschaftlichen Monografien zur Verjüngung, den Wirkstoffen, dem „Gift in der Nahrung“ und der Hungerstreikdebatte in den 1980er Jahren sind deshalb ebenso den Medical Humanities zuzurechnen, wenn es dieser mit interdisziplinärem Instrumentarium um eine kritische Inventarisierung der Medizin geht.


Regina Thumser-Wöhs Regina Thumser-Wöhs (Universität Linz)

Wie lässt sich ein ebenbürtiger Dialog zwischen Medizin und Geisteswissenschaften erzielen, in welchen die eine Disziplin nicht nur ein Hilfsmittel für die andere ist?
Hinsichtlich eines ebenbürtigen Dialogs zwischen Medizin und einem Fach der Geistes- und Kulturwissenschaften braucht es ein tiefes Einlassen auf die jeweilig andere Wissenschaftskultur. Wenn sich jedoch beide Pole darum bemühen, befruchten sie sich gegenseitig und schaffen es darüber hinaus, die Inhalte und Botschaften der Medical Humanities in eine nichtwissenschaftliche Öffentlichkeit (Science to Public) zu tragen. Hier liegt meines Erachtens zurzeit das größte Defizit der Medical Humanities – wenngleich die Pandemie diesbezüglich vermutlich einen größeren Vorschub geleistet hat, als derzeit erkennbar ist. Ein weiteres wichtiges Desiderat wäre das Ankommen und die aktive Umsetzung der Medical Humanities im ‚medizinischen Alltag‘, etwa in der Beziehung und in der Kommunikation zwischen Ärzt*innen und Patient*innen. Ich freue mich, dass Re:visit einen Beitrag dazu leisten wird!


Charles Vannette Charles Vannette (University of New Hampshire)

How did you end up in the Medical Humanities?
I took two different paths in my earlier research, and the confluence of these interests was the medical humanities. My earliest work was often in the realm of disability studies. It was the discovery of Robert Walser and the debates surrounding his diagnosis with schizophrenia that solidified this focus. In my research into Walser, I engaged with cognitive studies and with clinical models of cognition. Theories from health practitioners became increasingly central to my reading and these theories molded the way in which I understand Walser’s narrative structure, syntax, and the cognitive machinery that seems to undergird the prose. The ethical dimensions of disability studies, combined with the scientific/clinical approach of cognitive studies, form the core of my relationship with the medical humanities.


Alexandre Wenger Alexandre Wenger (Universität Genf)

In your opinion, which issues are currently neglected in the Medical Humanities?
Medical Humanities teaching, while still very heterogeneous from one institution to another, is becoming increasingly integrated into the curricula. On the other hand, research in the medical humanities often remains problematic: assessing the relevance of interdisciplinary projects that bring together clinicians, fundamentalists, and humanities and social science researchers can be tricky. Finding funding for projects that straddle the line between theoretical reflection and the demand for applicable results is also difficult. Finally, quality journals open to the publication of truly interdisciplinary articles are not very numerous. This is why Re:visit is a warmly welcomed initiative, that will offer a beneficial visibility to creative, dynamic, and thought-provoking projects in the field of Medical Humanities.


Anita Wohlmann Anita Wohlmann (University of Southern Denmark)

Medical Humanities revisited … Welche Aspekte der Medical Humanities bedürfen aus Ihrer Sicht aktuell am meisten einer kritischen Reflexion und Revision?
Die gegenseitige, interdisziplinäre Befruchtung zwischen „medical“ und „humanities“ ist eine alte und weiterhin aktuelle Herausforderung in den Medical Humanities. Inwieweit sind die Forschungsergebnisse aus den Humanities in die medizinische Praxis und Forschung übertragbar und anwendbar? Streben die Medical Humanities eine solche Übertragbarkeit überhaupt an? Und welchen Mehrwert wiederum hat die Auseinandersetzung mit medizinischen Themen für die Humanities? Ist „Medizin“ mehr als ein spannender Untersuchungsgegenstand? Und kann der interdisziplinäre Austausch die Literaturwissenschaft beispielsweise theoretisch und methodisch inspirieren? Rita Charon beispielsweise hat zusammen mit ihren Kolleg*innen vor mehr als 20 Jahren einen solchen methodischen und theoretischen Vorstoß mit ihrem Konzept der Narrativen Medizin gewagt. Inwieweit das Programm seinen oftmals engagierten Annahmen und Prinzipien gerecht wird, bedarf auch in Zukunft einer kritischen, produktiven Diskussion.