Erzählen vom Lebensende

Zur Darstellbarkeit des Todes in Michael Hanekes Liebe

Autor/innen

  • Alina Boy Universität zu Köln

DOI:

https://doi.org/10.57974/Re:visit_2025_4.1_1

Schlagwörter:

Film, Narratologie, Tod, Ethik, Michael Haneke

Abstract

Michael Hanekes Spielfilm Liebe (2012) kreist um die drastische Darstellung einer aktiven Sterbehilfe und thematisiert Fragen von Tod, Erlösung und der dahinterstehenden Ethik. Der Film verhandelt Themen wie Alter, Krankheit und Sterben, insbesondere aber die Verantwortung und das moralische Dilemma, dem sich Angehörige in der palliativen Pflege ausgesetzt sehen. Liebe thematisiert diese Debatten im Hinblick auf die Darstellbarkeit des Todes, indem der erzählerische Fokus auf der äußerlichen Narrativierung des Sterbens liegt: Denn der Film ist nicht durch die erkrankte Protagonistin Anne fokalisiert, sondern durch ihren Ehemann Georges, dessen Gefühle und Ängste während der Pflege seiner Ehefrau das narrative Zentrum des Films bilden. Indem Liebe den Krankheitsverlauf und das Sterben Annes radikal von außen in Szene setzt, markiert er den Tod einerseits als repräsentative Leerstelle und bietet andererseits einen Kommentar zur Erzählbarkeit von Leid und Tod: Die externe Fokalisierung auf den Sterbeprozess ermöglicht zwar ein Erzählen über den Tod hinaus, dieses ergibt sich notwendigerweise allerdings nur aus der Fokussierung auf das Erleben der Pflegenden und Hinterbliebenen. Das subjektive Durchleben von Tod, Leid und Sterben ist damit jenseits der Repräsentation angesiedelt.

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Veröffentlicht

2025-07-07

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